Tierschutz + Ausbildung

Einige Gedanken zum Tierschutz bei der Ausbildung von Tennessee Walking Horses und deren Einsatz in Freizeit und Sport.

Die Grundsätze des Tierschutzes finden sich in §1 und 3 des Deutschen Tierschutzgesetzes und dürften wohl allgemein bekannt sein. Für den „Tierschutz im Pferdesport“ sind die Leitlinien des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) vom 01.11.92 als verbindlich anzusehen, die unter Mitwirkung von anerkannten Fachleuten formuliert wurden. So war auch der TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz, Arbeitskreis Pferde) maßgeblich an der Erstellung dieser Leitlinien beteiligt (www.tierschutz-tvt.de). Diese Leitlinien wurden nun von einer Sachverständigen Arbeitsgruppe des TVT nicht zuletzt auf der Basis von umfangreicher internationaler Literatur überarbeitet. Bei Rechtsfragen zum Tierschutz im Pferdesport werden diese Leitlinien sowie die Position des TVT in aller Regel von den Gerichten als verbindlich erachtet.
Vor diesem Hintergrund ist unser Beitrag „Hufbeschlag und Tierschutz bei Tennessee Walking Horses“ in der Frühjahrsausgabe des ETWHA Journals fachlich korrekt sowie rechtlich abgesichert. Bereits in den o.g. Leitlinien (1992) steht unter dem Punkt „Unerlaubte Hilfsmittel und Manipulationen“: „Die Anwendung schädigender Beschläge oder das Anbringen von Gewichten an den Extremitäten ist unerlaubt und tierschutzwidrig.“

Im neuen Positionspapier zur Überarbeitung der Leitlinien unter 1.5 Hufpflege: „Das Verändern der natürlichen Hufstellung und der physiologischen Hufform sowie Manipulationen an den Hufen, wie das Verwenden schädlicher Hufbeschläge, sind abzulehnen. Orthopädische Maßnahmen nach Weisung des Tierarztes bzw. Hufschmiedes sind hiervon nicht betroffen.“

Und zur Begründung: „Der moderne Pferdesport und bestimmte Showprogramme erfordern eine Aktualisierung des Kapitels Hufpflege. So liegen beispielsweise Erkenntnisse vor, dass bei bestimmten Pferderassen (z. B. Gangpferde) Manipulationen an den Hufen vorgenommen werden, um bestimmte Showeffekte zu erzielen. Derartige Maßnahmen sind unter Tierschutzaspekten kritisch zu sehen.“
Ein weiterer Eingriff mit Tierschutzrelevanz ist das Clippen von Tasthaaren und das Ausrasieren der Ohren. Hierzu finden wir in den BMVEL-Leitlinien unter III.1.h: “Es ist tierschutzwidrig, die Tasthaare oder Ohrhaare zu entfernen.“
Im TVT Merkblatt Nr. 61 Clippen von Pferden ist dazu das Folgende ausgeführt :“Manipulationen an Pferden, bei denen die Tasthaare an Kopf, so genannte Vibrissen, rasiert oder auf andere Weise entfernt (geclippt) sowie die Haare in den Ohren ausgeschnitten werden sind tierschutzwidrig. Sie widersprechen den Verbotstatbeständen gemäß §6 TierSchG und sind mindestens als Ordnungswidrigkeiten gemäß §18 Abs. 1, Nr. 8 zu ahnden. Sollte im Einzelfall durch einen tierärztlichen Sachverständigen festgestellt werden, dass einem Pferd infolge der Manipulationen länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen oder Leiden zugefügt wurden bzw. werden, ist gemäß §17, Nr. 2 b wegen des Verdachts einer Straftat die zuständige Staatsanwaltschaft einzuschalten.“

Begründung: “Bei den Tasthaaren, den Vibrissen, die unter anderem besonders im Kopfbereich vorkommen, handelt es sich um Haare, die in hochempfindlichen, mit einer Vielzahl verschiedener Nervenzellen ausgestatteten Follikeln enden. Sie dienen dem Pferd u.a. dazu, den durch die Augen nicht kontrollierbaren Teil des Kopfes, etwa zur Prüfung des Futters bei der Futteraufnahme, zu nutzen oder die Kopfpartien vor ungewollten, möglicherweise schmerzhaften oder gefährlichen Berührungen zu schützen. Die Haare sind unabdingbarer Bestandteil eines Tastorgans, das bei ihrer Entfernung nicht mehr funktionsfähig ist. Hierzu liegen übereinstimmende wissenschaftliche Arbeiten vor. Durch das Entfernen der Haare wird willentlich eine Verhaltensänderung der Tiere bewirkt, die zu einer unnatürlichen Körperhaltung führt.

Die starke Behaarung des Ohreingangs dient dem Schutz des Tieres, da sie u.a. das Eindringen von Insekten oder Fremdkörpern in den Gehörgang verhindern soll. In soweit sind diese Haare integraler Bestandteil des Hörorgans. Auch hier gilt das zuvor gesagte.

§6 TierSchG verbietet u.a. das vollständige oder teilweise Entfernen oder Zerstören von Organen. Dieser Tatbestand liegt im Fall des Entfernens - ganz gleich auf welche Art - der zuvor näher beschriebenen Haare vor, da es sich hier nicht lediglich um abgestorbene Hornteile, sondern um für die Funktion unabdingbare spezielle Organteile handelt. Auch hierzu liegen wissenschaftliche Gutachten vor. Gemäß §16 a TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung zukünftiger Verstöße notwendigen Anordnungen.“

Im aktuellen Positionspapier des TVT für die Überarbeitung der BMVEL-Leitlinien findet sich daher der zusammenfassende Satz: “Tierschutzwidrig sind Manipulationen, wie das Entfernen oder Beschneiden von Haaren die funktionaler Teil von Organen sind (z.B. Tasthaare) oder besondere Schutzfunktionen haben (z.B. Haare in den Ohrmuscheln).“
Ebenfalls ansprechen möchten wir das unter Tierschutzgesichtspunkten zu frühe Anreiten junger Pferde. In den Tierschutzleitlinien des BMVEL finden wir unter „Mindestalter für Ausbildung und Einsatz des Pferdes“ die wissenschaftlich wohlbegründete Forderung: “Reit- und Fahrpferde früher als im Alter von 3 Jahren in die Ausbildung zum vorgesehenen Nutzungszweck zu nehmen, verletzt in der Regel die unter 1.3 dargestellten Grundsätze.“

Beim Anreiten junger Pferde sollte man bedenken, dass das Skelettwachstum des Pferdes erst im Alter von etwa 6 Jahren (bei leichten Rassen etwas früher, bei schweren etwas später) völlig abgeschlossen ist. Für die Verwendung als Reitpferd ist es von besonderer Bedeutung zu wissen, dass sich die Wachstumsfugen der Wirbelsäule als letzte und die der Halswirbel als aller letzte schließen. Durch zu frühes Anreiten können daher irreversible Schäden gesetzt werden. Diese Schäden werden durch nicht pferdegerechtes Reiten (weggedrückter Rücken, falsche Beizäumung durch die zu frühe Verwendung von Kandaren) erheblich verstärkt. Das nicht pferdegerechte Reiten ist meist an einem ausgeprägten Unterhals der Pferde und einem falschen Knick in der Halswirbelsäule zu erkennen, was leider nicht all zu selten bei Tennessee Walking Horses zu beobachten ist.

Wir setzen uns für eine strikte Einhaltung der Tierschutzbestimmungen ein, was für all diejenigen, denen diese wunderbare Pferderasse am Herzen liegt, selbstverständlich sein sollte und absolut nichts mit militantem oder falsch verstandenem Tierschutz zu tun hat. Wer sich dennoch nicht an das Tierschutzgesetz und an die rechtsverbindlichen Leitlinien zum Tierschutz im Pferdesport hält, macht sich nicht nur strafbar sondern schadet auch dem Ansehen der Tennessee Walking Horses in Europa.